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Dieter Keller

Das Auge des Krieges - Ukraine 1941/42

 

 

13. August – 15.Oktober 2022

 

 

Aus den Jahren 1941/42 sind 201 Fotografien des Bauhaus-Apologeten Dieter Keller (1909 - 1985) erhalten, die er als deutscher Soldat während des Zweiten Weltkriegs in der Ukraine fotografierte. Nach dem Krieg entwickelte er selbst die geschmuggelten Filmrollen in seinem Haus in Stuttgart-Vahingen und fertigte die vorliegenden 201 Vergrößerungen als Unikate an. Die auf der Trägerbasis Nitrocellulose hergestellten Negativfilme verbrannten durch Selbstentzündung 1958. Die Originalabzüge befinden sich im Besitz des Forums für Fotografie, Köln.

 

Vor und während des Zweiten Weltkrieges war Dieter Keller eng mit Künstlern der Neuen Sachlichkeit und des Bauhauses befreundet. Der über viele Jahre gepflegte Kontakt zu Willi Baumeister, Alexej Jawlensky, Ida Kerkovius und die in über 90 Briefen belegte Freundschaft mit Oskar Schlemmer entwickelten sein künstlerisches Sehen und beeinflussten seine fotografische Bildgestaltung wesentlich.

 

Die Fotografie Kellers bediente sich, auch nach heutigen Maßstäben, einer modern anmutenden Bildästhetik, die einerseits der Sehschule durch seine Künstlerfreunde zu verdanken ist, andererseits aber auch deutlich macht, dass der Fotograf die ästhetische Wahrnehmung generell als Schlüssel zur Realitätsverarbeitung und psychischen Bewältigung benutzte.

 

Dieter Keller erfasst mit seinen Fotografien die apokalyptischen Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges nicht dokumentarisch, sondern erreicht, mit den von ihm früh genutzten Mitteln der seriellen und informellen Fotografie, eine ergreifende künstlerische Auseinandersetzung mit den Grausamkeiten des Krieges. Damit stehen seine Fotografien im kunsthistorischen Diskurs mit der europäischen Bildtradition von Kriegsdarstellungen, wie sie durch die Schreckensbilder von Hieronymus Bosch, Francisco de Goya oder Otto Dix geprägt wurde.

 

Nach 1945 ordnete und publizierte Dieter Keller gemeinsam mit der Witwe Tut Schlemmer das Werk Oskar Schlemmers und lernte Marcel Duchamp, Max Ernst und Alexander Calder kennen. Er baute eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst mit Werken dieser Künstler, aber auch mit Arbeiten von Miro, Arman, Tanguy, Segal und Tom Wesselmann auf.

 

Wir zeigten die Bilder der Ausstellung im April/Mai 2020 in den Ausstellungsräumen des Willy-Brandt-Hauses in Berlin, nicht wissend, dass der eben beginnenden Corona-Pandemie unmittelbar die unerträglichen Ereignisse eines neuen Krieges um die Ukraine folgen würden. Es schien uns nicht angemessen, die Bilder zum Beginn dieses neuerlichen Krieges zu zeigen. Nun, da sich der Krieg in die Länge zu ziehen und auf immer mehr Gebiete der Ukraine ausdehnt, werden die Fragen nach historischen Bezügen und den Ursachen für die unverzeihlichen Wissenslücken, die wir über das Land haben, zunehmend immer drängender.

 

 

Publikationen

 

Norbert Moos (Hrsg.): Dieter Keller. Das Auge des Krieges – Ukraine 1941 I 42.

(Texte: Norbert Moos, Adam Broomberg, Xiaofu Wang) Berlin: Buchkunst Verl., 2020.

[vergriffen]

 

Katja Petrowskaja: Das Foto schaute mich an. Berlin: Suhrkamp, 2022, S. 198-201.

 

 

 

 

 

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