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Yamamoto Masao

KAWA

 

5. September - 25. Oktober 2009

 

 

KAWA heißt Fluss und symbolisiert in der japanischen Kultur die menschliche Existenz. Für den Fotografen manifestiert sich das KAWA in der Natur, in der er seine Motive sucht und findet. Es ist weniger das topografische Detail oder das physikalische Phänomen, das ihn interessiert; Yamamoto ist angezogen von der Stimmung, vom Wesen seines Motivs: "Ich fokussiere meinen Blick auf die Wolken, doch eigentlich bin ich von etwas anderem eingenommen." Und so haftet seinen Bildern eben dieses unbestimmte "Andere" an, dem sich der Betrachter nur schwer entziehen kann; die Kopien der Wirklichkeit haben eine Aura.

 

Schlicht, klar und unberührt ist Yamamotos Natur. Trotz der formalen Klarheit besitzen viele seine Aufnahmen eine Uneindeutigkeit, die bewirkt, was der Fotograf beabsichtigt: dem Betrachter Raum zu schenken für seine Gedanken und Träume, für die freie Assoziation und Meditation. In den Seelenlandschaften, die sich auftun, soll der Betrachter Genuss oder gar Glücksmomente empfinden. Um die Vieldeutigkeit zu gewährleisten, verzichtet Yamamoto darauf, seine Fotografien zu betiteln und teilt ihnen stattdessen laufende Nummern zu.

 

Yamamoto Masao vergleicht seine Arbeit mit dem japanischen Haiku. Diese dreizeilige, 17-silbige Lyrik (5/7/5) beschreibt einen exakt beobachteten Naturgegenstand in seiner einmaligen Situation und repräsentiert die mit ihm verbundenen Gefühle, ohne sie explizit zu benennen. Sind die Naturfotografien Yamamotos einerseits der Ausdruck seiner Empfindungen im Angesicht der Natur, laden sie andererseits den Betrachter dazu ein, sich auf die eigene Gestimmtheit einzulassen, die sich einstellt, wenn er sich in die Bilder vertieft. Die Motive der Bilder sind nur vordergründig Naturlandschaften; in Wirklichkeit heißen sie Schlichtheit, Gelassenheit, Stille und Glück.

 

Yamamotos Kunstverständnis ist geprägt von der Zen-Lehre der „aktiven Passivität“, die der Selbstfindung und Entwicklung einer tiefen Sensibilität für das Universum und die Erde dient. "KAWA handelt von der Welt, in der wir sind und der Welt, in die wir gehen. Wenn es auch scheint, dass wir stets mit allem verbunden sind, gibt es doch einen Bruch zwischen uns und denen, die vor uns gingen und nach uns kommen werden", sagt Yamamoto und begreift den Bruch als Fluss, der die Ebene teilt, der den Wechsel von der einen Welt in die andere markiert. Solche Brüche drücken auch seine Installationen aus, in denen sich einzelne Bilder zu einem Ganzen fügen; jeder Abzug steht für sich und ist gleichzeitig ein Element der Komposition.

 

Die Fotografien sind klein, um mittragbar zu sein. Manche von ihnen wirken vergilbt oder sind absichtlich abgegriffen und zerknittert; sie sollen ein Gespür für Erinnerung, Alter und Vergänglichkeit wecken. In früheren Ausstellungen lagen die Abzüge lose in einer Schachtel; der Betrachter sollte sie "begreifen" und die Reihenfolge der Ansicht selbst bestimmen. Yamamotos unkonventoneller Umgang mit dem medium Fotografie macht uns die subtile, geheimnisvolle Poesie seiner Werke erfahrbar.

 

Das Forum für Fotografie zeigt in der Ausstellung rund 50 einzelne Fotografien sowie Fotoinstallationen. KAWA ist die dritte Werkgruppe von Yamamoto Masao nach A Box of Ku (Die Schachtel der Leere) und Nakazora (Der Raum zwische Himmel und Erde).

Estella Kühmstedt

 

 

Yamamoto Masao wurde 1957 in Gamagori City, Japan, geboren. Bevor er sich der Fotografie zuwandte, studierte er Malerei. Als freischaffender Fotograf lebt und arbeitet er in Yamanashi, in der Nähe von Tokio. Während er in den USA längst ein anerkannter Künstler ist und seine Werke seit den 90er Jahren dort viel gezeigt werden, beginnt man hierzulande erst, ihn zu entdecken.

 

Anlässlich der Kunstmeile Süd-Veranstaltungen am 6. September wird Yamamoto Masao um 12.00 Uhr im Forum für Fotografie einen Vortrag über sein Werk halten. Der Künstler ist bei der Vernissage am 5. September, 16 Uhr, anwesend.

 

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