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Lioba Wagner

In den Raum

 

28. Oktober - 12. November 2017

 

Mit der Ausstellung von Lioba Wagner In den Raum präsentiert das Forum für Fotografie gleichsam als Intermezzo eine junge bildhauerische Position, vertreten durch eine Reihe ausgewählter Collagen, Objekte und Installationen.

 

Die sehr reduzierten, minimalistischen Objektassemblagen von Lioba Wagner sind materialästhetische Dialogformen vorgefundener Objekte, roh belassener Naturfragmente und industriell gefertigtem Konstrukt. Aus dieser künstlerischen Auseinandersetzung in Form von Konfrontation, Dialog und Analogie zwischen wilder Naturform und dem kontrolliertem Maß der industriellen Fertigungstechnik resultiert ein kontinuierlicher Prozess der gegenseitigen Infragestellung von natürlicher Urform und zivilisatorischem Gestus. In der unmittelbaren Betrachtung der Werke von Lioba Wagner äußert sich dieser Prozess zunächst in der wechselseitigen Bereicherung und ästhetischen Steigerung der individuellen Formqualitäten und der bewusst offen gehalten Frage nach dem Beginn der einen und dem Anfang der anderen Ausdrucksform.

 

Die eigenwillige poetische Kraft der Werkformen Lioba Wagners resultiert unmittelbar aus dem strengen Minimalismus ihrer Formensprache und dem gleichsam schwebenden, filigranen Duktus. Die spürbare, quasi traumwandlerische Sensibilität des Schaffensprozesses erlaubt der Künstlerin eine weitere Steigerung durch die eminent raumbezogene Orientierung ihrer Werkanordnungen, die den Betrachter unmittelbar in ihren Bann ziehen.

Thomas Appel

 

 

In Lioba Wagners künstlerischer Arbeit gehen roh belassene oder geschälte, mitunter von Verzweigungen bereinigte Stämme, Äste oder Zweige mit geglätteten und kantig gemachten, geraden Hölzern unterschiedliche Beziehungen ein, die wie ein Zwiegespräch wirken können. Im Annäherungsprozess an das künstlerische Objekt trifft das gewachsene Material über das auswählende Auge und die bearbeitende Hand auf die Gedanken der Künstlerin. Der natürliche Wachstumsprozess wird angehalten, um eine andere Linienführung und Verzweigung zu ermöglichen. Die naturalistische Betrachtung des Holzes reicht nicht aus, vielmehr erfolgt im künstlerischen Prozess eine Umwandlung, die sich unter anderem in künstlerischer Nähe zu einer Arbeit von Walter Dahn aufhält. Seine Arbeit bezieht sich in ihrem Titel „Der Rohe und der Gekochte“ (1991) auf das entsprechende Buch von Claude Levi-Strauss. Natur und Kultur begegnen sich in einer Verwebung von sinnlicher wahrnehmbarer Ähnlichkeit und wechselseitiger Reflexion.

 

Lioba Wagner stellt seit dem Jahr 2012 aus. In ihrer Ausstellung In den Raum im Forum für Fotografie in Köln werden unter anderem Zeichnungen, Collagen und kleinere plastische Arbeiten in einer losen Objektversammlung zu sehen sein. In ihren Collagen fügt Lioba Wagner aus ihrer Sammlung von ausgewählten Abbildungsfragmenten aus Zeitschriften, die naturnahe Materialien zeigen, spannungsvolle Setzungen intarsienhaft so zusammen, das auch hier ihre bildhauerische Wahrnehmung bzw. Zusammenarbeit von Auge und Hand sichtbar wird. Die Arbeit „Alte Liebe“ (2016), ein über 3 Meter hoher, leicht gebogener und abgeschälter Ast, der von einem schwarzen Gummiband schräg ausgerichtet vor einer Wand gehalten wird, steht hingegen konkret für das raumbezogene Denken der Künstlerin. Die hölzernen Linien richten sich nach der Größe der Räume. Sie geben jedem Kontext zunächst das, was er fordert. In ihrer Ausstellung In den Raum wird nun eine Installation von 4 quasi schwebenden Holzlinien zu sehen sein, die an Fäden von der Decke hängen und den Raum von Fenster zu Fenster durchmessen. Möglicherweise wird sie sich auch in einem leichten Bewegtwerden durch Luftzüge als eine künstlerische Formation erweisen, die nicht nur in den Ausstellungsraum und die Welt hineinfragt, sondern auch ohne Worte antwortet.

 

Als unregelmäßige, zusammengesetzte Linien verlangen sie vom Betrachter Aufmerksamkeit für jede kleine Veränderung in ihrem Verlauf. Die gedanklichen Berührungen der Künstlerin mit ihren Vorbildern, zum Beispiel mit Arbeiten der Arte Povera Künstler oder mit Carl Andre’s raumbezogener Arbeit 35 Timber Line (1968), ist mit der Empfindlichkeit eines Instrumentes vergleichbar, das immer wieder gestimmt werden will, um andere Linien in den Raum entlassen zu können. Sensibilität und Strenge scheinen in ihrer Arbeit eine Verschwisterung zu erfahren.

Marietta Franke

 

Copyright alle Abbildungen: Lioba Wagner

 

 

VITA

1986 in Köln geboren

2006-2009 Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer

2010-2013 Studium der Freien Kunst an der HBK in Braunschweig bei Walter Dahn

2013-2016 Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf

bei Hubert Kiecol

2016 Diplom/Akademiebrief

 

 

Ausstellungen

2017

lines like these, Hamm

2016

the snoring princess, Köln

2015

20 Jahre Kunstgruppe, Köln

2014

on&on&on, Köln

2013

17/13, Köln

gruen, Hannover

TOOM, Düsseldorf

2012

Fullhouse, Köln

Taschensachen, Braunschweig

ein Nest mit Eiern, Berlin

 

 

 

 

 

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