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Antoine d’Agata

1001 Nights

 

30. Oktober 2003 - 15. Februar 2004

 

 

Antoine d’Agata (*1961) versucht nicht, die Welt darzustellen, sondern uns seine Verortung in dieser Welt mitzuteilen. Seine Fotografien reißen uns hinein in das Chaos und Getümmel seiner Nächte: schäbige Bordelle, durch Alkohol und Drogen zersplitterte Visionen, durch Licht und Bewegung entstellte Gesichter, schwankende Bildeinstellungen, aufeinander prallende Zeiten, ein Abdriften ohne Zweck und Ziel. Entschlossen, jene Lebensweise aufzugeben, die seine "malas noches" hervorgebracht hat, zieht d’Agata nun einen künstlerischen Schlussstrich: In einer exzessiven Geste rekonstruiert er die chaotische Welt, durch die er zehn Jahre lang geirrt ist.

 

1001 seiner Fotografien installiert er dicht an dicht zu Raum füllenden Tableaus – ein suggestives Panorama voller Poesie, Erotik, Einsamkeit, Nostalgie und brutaler Verzweiflung. Jahrelang ist der französische Fotograf in den Nächten von San Salvador, Havana, Tijuana, Marseille, Gaza, Vigo, Hamburg, Palermo und anderen Orten herumgeirrt, immer auch getrieben von der Notwendigkeit, zu fotografieren. Seine Aufnahmen entstanden dabei nicht aus überlegter Distanz heraus, sondern stets unmittelbar in der von ihm erlebten Situation. Diese fotografische Vorgehensweise ist untrennbar von seinem Verständnis der Existenz, als dessen Grundelemente er Risiko, Verlangen, Unbewusstsein und Zufall nennt.

 

"Es ist nicht unser Blick auf die Welt, der zählt, sondern unsere intimsten Erfahrungen mit ihr. Komposition, Licht, Erzählung sind keine grundsätzlichen Fragestellungen mehr. Es bleiben die Perspektive, die den fotografischen Akt rechtfertigt, die Interferenzen der Erfahrung und der Inszenierung, die Materie, die Funktion der Person, die Zusammenhanglosigkeit der Abfolge – die Bilder, wie die Worte, fühlen sich allein, wenn sie isoliert sind – das Bewusstsein, dass ich Schauspieler, Autor und Regisseur meiner eigenen Szenarien bin. Ich kann also durch die manische Rekonstruktion der ungeordneten Erfahrungen die Welt für meine eigenen Ziele benutzen und sie, in einer ziemlich einsamen Erfahrung, beliebig transformieren, so dass die Welt in den Bildern gewissermaßen nicht mehr existiert.

 

Antoine D’Agata Geboren 1961 in Marseille, arbeitet in Paris 1990-91 Kurse am ICP (International Center of Photography, New York) bei Charles Harbutt, Nan Goldin, Larry Clark; 1991-92 Büroarbeit bei Magnum (New York); 1992 Assistent der Magnum-Fotografen Erich Hartmann, Hiroji Kubota, Ferdinando Scianna; 1994 Wechsel nach Paris; 1995 Chiapas/Mexiko, Ganghzou/China, Hongkong; 1996 Timbuktu/Mali, Soweto/Südafrika; 1997 Port-au-Prince/Haiti; 1998 Arbeit über die Reeperbahn in Hamburg; 2000 für "Newsweek", Reportage über Jerusalem. Mehrere Preise, u.a. 1. Preis beim Festival des Jeunes Créateurs (1994), Prix Villa Médicis Hors les Murs (1999), Marty Forscher Fellowship (1999), Prix Niépce (2001). Publikationen u.a. in Le Monde, Libération, Stern, Art Press und Pour Voir. Bibliographie: „Mala Noche“, Paris, 1998 „De mala Muerte“, Paris, 1998 „Dormir/Sleep“, Paris, 2000 „Home Town“, Paris, 2002 „Insomnia“, Marseille, 2003 „Vortex“, Paris, 2003.

Die in Kooperation mit der Galerie VU/Paris und FOAM/Amsterdam realisierte Präsentation ist die erste Einzelausstellung des französischen Fotografen in Deutschland.

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