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PROFILING AMERICA

AMERIKANISCHE FOTOGRAFIE 1860–1960

 

1. September - 23. Oktober 2005

 

 

Das Bild der Vereinigten Staaten von Amerika in der Öffentlichkeit schwankt. Es wird bevölkert von schießwütigen Cowboys und coolen Sheriffs, vollbusigen Pin-up-Girls und protzigen Milliardären, Folterern und Spitzenwissenschaftlern, mutigen Journalisten und religiösen Eiferern, himmelstürmenden Wolkenkratzern und flächendeckenden Suburbias – die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Vieles hat sich zum Klischee verhärtet. Doch die amerikanische Massenkultur von Coca Cola bis Jeans, von Pop bis Burger hat nach ihrem Siegeszug durch die Welt längst auch jene Kulturen ergriffen, die in den USA den Feind schlechthin erblicken. Es ist die globale Kultur der Postmoderne. Das Land gibt gleichwohl noch Rätsel auf, auch seine Freunde zeigen sich bisweilen irritiert.

 

Wie aber sehen die Amerikaner sich selbst? Stimmt das Bild, das sie von sich entwerfen, mit dem überein, das sie im Blick der anderen erzeugen? Diese Frage will eine Ausstellung der Gesellschaft Photo Archiv im Forum für Fotografie in Köln mit dem bezeichnenden Titel "Profiling America. Amerikanische Fotografie 1860–1960" beleuchten. Sie enthält rund 90 fotografische Bilder bedeutender amerikanischer Fotografen von Mathew B. Brady bis Walker Evans, von Alexander Gardner bis Margaret Bourke-White, von Frances Benjamin Johnston bis Dorothea Lange, von Ben Shahn bis Irving Penn, von Arthur Rothstein bis W. Eugene Smith, von Jacob Riis bis Gordon Parks und etlicher weiterer Fotografen.

 

Natürlich vermag die Ausstellung die Frage nach dem Selbstbild der USA nicht erschöpfend zu beantworten, sie liefert jedoch einige signifikante Einsichten in das Bild einer Nation, die in einem Bürgerkrieg fast auseinanderbrach und sich später als Schmelztiegel unterschiedlichster Kulturen und Ethnien bewährt hat - einer Nation zudem, deren Mythos nicht in der Literatur sondern in der Fotografie und im Film seine gültige Form gefunden hat. Die beherrschenden Themen der Ausstellung bilden der Sezessionskrieg, die große Depression im Gefolge der Weltwirtschaftkrise, der Weltkrieg und die Nachkriegszeit, kurzum jener Abschnitt der Geschichte, in dem sich die USA als die entscheidende Weltmacht etablierten. Die Innensichten Amerikas bestimmen ihren Tenor und die dokumentarische Absicht ihren ästhetischen Schwerpunkt.

 

Sämtliche Bilder stammen aus der Sammlung der Gesellschaft Photo Archiv e. V. in Bonn. Sie wurde 1989 gegründet, um die fotografischen Aktivitäten des Rheinischen Landesmuseums Bonn zu fördern. Seit einigen Jahren ist die Gesellschaft auch durch zahlreiche Veranstaltungen zu verschiedenen Fragen der Fotografie, darunter nach der Haltbarkeit von Farbfotografie oder zum künstlerischen Anspruch des Mediums, im Forum für Fotografie in Köln bekannt. Ihre Sammlung enthält ca. 8.000 bis 10.000 Papierabzüge sowie 6.000 Negative. Dazu zählt nicht zuletzt der Nachlass von Liselotte Strelow.

 

Alle Motive der Ausstellung "Profiling Amerika" waren Bestandteile früherer Ausstellungen im In- und Ausland. Die Bilder vom Bürgerkrieg, von der Kinderarbeit und von der Lage der Wanderarbeiter hat die documenta 6 gezeigt - die berühmte Medien-documenta 1977. Die übrigen Bilder waren in den monografischen Ausstellungen über Margaret Bourke-White und die zweite Dekade der Zeitschrift "Life" zu sehen. Bei allen Aufnahmen handelt es sich um spätere Abzüge, um sogenannte Reprints, die eigens für Ausstellungszwecke in "Exhibition Quality" angefertigt wurden. Viele in einer Technik, die heute nicht mehr angewendet wird, so dass auch sie bereits Seltenheitswert besitzen. Doch mit der Entscheidung ausschließlich für Reprints in einer ästhetisch anspruchsvollen Ausstellung will die Gesellschaft Photo Archiv nicht zuletzt den Blick auf die Motive der Fotografien lenken statt nur auf den besonderen Status der einzelnen Aufnahme.

 

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